Donnerstag, 9. April 2020

Kapitel 5 - Dabaara

-Zieg-

Die Zeltstadt, die sich vor Zieg auftat, war ein reines Sammelsurium an Kuriositäten. Eine breite Straße aus Marktständen führte tief in das Zentrum dieses gewaltigen Ortes. An jedem einzelnem Stand wurden die verschiedensten Dinge angeboten, von denen Zieg viele absolut unbekannt waren. Düfte, noch nie gerochener Substanzen mischten sich mit denen, die Ziegs eigene Welt zu bieten hatte. Es war einfach beeindruckend. Weniger beeindruckt waren die Menschen, die an den Ständen einkauften und Handel betrieben. Und erst da fiel es ihm auf, während ein kalter Schauer ihm über den Rücken lief. (Verdammt) dachte er sich (Wie konnte ich mich derartig von diesen Eindrücken ablenken lassen?). In dieser Stadt waren keine Menschen. Es waren alle samt Dämonen. Zugegeben, viele unterschieden sich optisch nicht stark von den Menschen, aber während einige Engeln glichen, waren andere wiederum derart abstrakt, groß oder mit markanten Körperteilen wie Hörner oder Flügel ausgestattet, dass er es längst hätte sehen müssen. Und selbst wenn nicht. Warum hatte sein Dämonensinn nicht angeschlagen? Dieses altbekannte Kribbeln in seinem Körper. Die Dämonen betrachteten ihn nicht. Doch ein Hauch von Panik, angesichts der Masse potenzieller Feinde, bewegte ihn dazu, sein Seelenschwert zu materialisieren. Rebellion entsprang aus Ziegs Geist und verfestigte sich in seiner Hand zu jener imposanten Klinge, die schon so vielen Dämonen den Tod gebracht hatte. Dies blieb nicht lange unentdeckt. Während die Händler und Käufer Zieg nicht erkannt, ja ihm nicht mal Beachtung geschenkt hatten, so war Rebellion wohl doch schon zu einem Begriff in dieser Welt geworden. Das Aussehen seiner Klinge musste sich bereits herumgesprochen haben. Die schmucklose riesige Parierstange ließ das Breitschwert wie ein gewaltiges silbernes Kreuz wirken, welches sich trotz seiner Größe und Länge, federleicht führen ließ. Der Griff selbst war mit leicht orangenem Flaum bedeckt und am Knauf des Schwertes war eine trübe Glaskugel angebracht. Doch das unverkennbarste Detail musste die silbrig violette Aura gewesen sein, welche das Schwert umgab. Es war, wie immer, ein magischer Anblick.
Die Blicke der anderen verrieten ihm, dass sie nun wussten, wer dort in ihrer Stadt angekommen war und ein riesiger Tumult entstand. Mehr und mehr Dämonen versammelten sich um Zieg, kreisten ihn ein und rückten angespannt Stück für Stück näher. Ihm war klar, es würde zum Kampf kommen. Und er würde hier in dieser Welt sein Ende finden.
Eine gewaltige Kraft trieb die gegnerische Horde auseinander. In der entstanden Schneise stand ein alter gebrechlich wirkender Mann. Sein schmaler Bart hing ihm bis zu den knochigen Füßen und sein Blick richtete sich finster in die Massen der Dämonen. "Behandelt man etwa so einen Gast?" spuckte er schon fast empört heraus und richtete seinen Blick auf Zieg "Und du? Was fällt dir ein in meiner Heimat deine Waffe zu ziehen?". Sein stolzer aber vorwurfsvoller Blick und die trotz seines Erscheinungsbildes eindrucksvolle Aura machten Zieg augenblicklich klar, dass dieser Mann Dabaara sein musste. Jener Mann, den er aufsuchen sollte. Dabaara hob seine Hand und schnipste mit den Fingern, woraufhin sich Rebellion sekundenschnell auflöste und mit einem weiteren Handzeichen gab er Zieg zu verstehen, dass er ihm folgen sollte. Während dieser sich auf die Hand starrte, in der gerade eben noch seine Klinge gelegen hatte, machten sich die Dämonen wieder an ihre Geschäfte. Unzählige Fragen rasten durch Ziegs Kopf und er hoffte darauf, zumindest einige davon beantwortet zu bekommen, als er dem alten Mann folgte. In einem großem Zelt angekommen, welches so ähnlich aussah wie die anderen, kam er zum Stehen und ließ sich auf einige Decken am Boden in dessen Mitte nieder. Mit einer Geste bedeutete er Zieg, es ihm gleichzutun, was dieser wortlos tat. "So so", kicherte eine bekannte Stimme aus einer dunklen Ecke heraus "Du bist also wirklich gekommen? Nicht schlecht. Den Mut hätte ich dir nicht zugetraut", verhöhnte sie ihn belustigt.
"Enkelin", unterbrach sie der Alte "Ich danke dir für deine Hilfe, aber lass uns bitte allein". Mürrisch kam Aphelion aus ihrem Versteck und sprach, Zieg anzwinkernd "Schon gut. Ich muss eh zu meinem Menschlein. Nicht das ihr noch was in meiner Abwesenheit passiert." und verschwand durch den Eingang, durch den Zieg gerade gekommen war.
"Du bist also der Dämonenjäger" stellte Dabaara wertungsfrei fest. "Ich habe meine Enkelin damit beauftragt dir den Weg hier her zu zeigen. Der Grund ist, ich möchte dir, der schon so viele von uns vernichtet hat, die Geschichte unseres Volkes erzählen" sprach er weiter, fixierte Ziegs Augen mit den seinen und fuhr fort "Ob du mir glauben schenkst oder nicht, spielt keine Rolle. Ich will nur das du mir zuhörst"Zieg sprach seine Gedanken klar aus "Wenn du mich hättest tot sehen wollen, wäre ich bereits vorhin gestorben", sagte er kalt, "Also sprich". Zugegeben war es nicht nur Logik die Zieg gesagt hatte, dass er zuhören sollte. Es war viel mehr blanke Neugier. Und während ein wohlbeleibter Dämon aus einem Nebenraum zwei Trinkgefäße mit einer wohlduftenden warmen Flüssigkeit hereinbrachte, vor ihnen abstellte und den Raum wieder verließ, starrte Dabaara nachdenklich an die Decke und kratzte sich am Bartansatz. Als er endlich den Anfangsfaden seines Vortrags gefunden hatte, begann Dabaara mit seiner Erzählung... 



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