Sonntag, 21. Oktober 2018

Kapitel 4 - Vergangenheit

-Erin/Joshua-

"Er ist entkommen", schnaufte Devon frustriert, während er Joshua mit einem Stoß in Erins Arme beförderte. "Der Junge hat ihm geholfen" sprach er weiter und belegte ihn mit einem bösem Blick. "Schon gut", richtete sich Erin an den verunsichert wirkenden Jungen "Wir werden dir nichts tun. Aber wir hätten da schon ein paar Fragen", schmunzelte sie und die Anspannung fiel ein wenig von Joshua ab.
Während sich die beiden ausgiebig unterhielten hätte Devon eigentlich daran denken müssen, wie Zieg bloß entkommen konnte. Doch seine Gedanken waren wieder bei Erin. Er sah sie an und die ganze Welt war still geworden. Sie redete zwar noch mit dem Jungen und er sah ihre Lippen sich bewegen, aber sämtliche Geräusche hatte er bereits ausgeblendet.
Er musste an damals denken. Daran wie er sie und Daniel damals kennenlernt hatte. Erin hatte schon eine schwere Zeit gehabt. Sie hatte schon als kleines Kind das Gefühl gehabt, fremdbestimmt zu sein. Hörte flüsternd Stimmen, die ihr rieten was sie zu tun hatte. Und es wurden immer mehr. Oft hatte sie das Gefühl, dass die Stimmen genau dann mehr wurden, wenn sie andere Menschen "berührte". Erst später stellte sich heraus, wie sehr es stimmte. Mit 18 wurde sie von ihrem damaligen gewalttätigem Freund niedergestochen und wäre beinahe gestorben. Von da an änderte sich ihr gesamtes Leben. Erin hatte mal erzählt, dass sie damals zum ersten Mal, sterbend in der Zwischenwelt, ihre Dämonen sah. Wie sie sich gierig an sie klammerten, aber auch versuchten sie ins Leben zurückzudrücken. Ihnen war es vermutlich sogar zu verdanken, dass sie so lange noch durch hielt und überlebte. Als sie später dann das Krankenhaus verlassen durfte, begann sie gleich zu recherchieren, über das was sie gesehen und erlebt hatte. Und in einem ganz besonderem Chatroom lernte sie dann Daniel kennen. Ein charismatischer junger Mann, der sich für Dämonen und Exorzismus interessierte. Er erklärte ihr ihre besondere Gabe, wie er es nannte. Sagte ihr, dass sie eine der wenigen wäre, die durch Berührungen allein, die Dämonen und Stimmen der anderen in sich aufsaugen könnte. Sie in sich sammeln könnte. Daniel bestärkte Erin dabei, ihre Gabe zu nutzen, um so viele Dämonen wie möglich in sich aufzunehmen und die Menschheit so, ein Stück weit vor den dunklen Mächten zu beschützen. Was für ein Bullshit. Es klappte zwar, aber die Stimmen brachten Erin fast um den Verstand. Sie schrien immer lauter und wilder durcheinander in ihr auf. Sie drohte zusammen zu brechen. Wollte aufgeben. Doch Daniel hatte andere Pläne. Denn was Erin nicht wusste, war das Daniel vorhatte sie massiv mit Dämonen zu füllen, um diese bei einem sehr speziellem Opferritual zu befreien und auf die Welt loszulassen. Devon, der Erin damals nur zufällig begegnete, hatte ihre starke und überfüllte Präsenz so stark gespürt, dass es seinen ersten Sprung in die Zwischenwelt auslöste. Als er auf der anderen Seite damals diese Masse an Kreaturen gesehen hatte, die an ihr hafteten, schrie er panisch auf, was ein sterben der Dämonen auslöste. Devons überraschend vielseitigen Kräfte waren schon von Anfang an außergewöhnlich gewesen, aber er wusste noch wie erschöpft und zerstört er damals wieder in die normale Welt zurückgefallen war.
Erin verstand direkt, was Devon für sie getan haben musste. Die Stimmen in ihr waren großteils verschwunden. Wieder klaren Gedanken folgend kümmerte sie sich um Devon und pflegte ihn gesund. Als sie Daniel von der ganzen Sache berichtete, war dieser außer sich vor Wut und seine Fassade fiel. Er ging mit einem Messer auf Erin los und sie war erstarrt vor Angst. Zu sehr kamen die Erinnerungen hoch von dem Moment, wo sie schon einmal fast gestorben war. Nur hatte sie diesmal keine Dämonen mehr, die sie beschützten.
Blanke Ironie.
Aber Devon hatte alles mitbekommen und kurzen Prozess mit Daniel gemacht. Ein gezielter Schlag mit einer Bronzefigur hatte ausgereicht.
Seit dem waren Devon und Erin zusammen unterwegs.
"Devon?" wurde er von Erins besorgter Stimme aus seinen Gedanken gezogen "Hast du das gehört?" harkte sie nach. "Verzeih. Nein. Ich war in Gedanken." antwortete Devon wahrheitsgemäß. Gütig wie immer sprach Erin lächelnd "Typisch Devon. Immer so nah und doch so fern". Sie zwinkerte Joshua zu und fuhr fort "Joshua hat Zieg einen Gegenstand überreicht, der nichts Gutes bedeutet", und ihre Mine verdunkelte sich. "Zieg ist nicht irgendwo hin entkommen.", sprach sie ernst, "Er ist vermutlich gerade in der Hölle..."