Donnerstag, 9. April 2020

Kapitel 6 - Es war einmal

-Zieg-

... "Der Ort, an dem du hier bist, würdet ihr wohl als die Hölle bezeichnen. Aber dieser Ort hier gleicht in vielen Punkten deiner eigenen Welt. Im Prinzip sind sie sogar wie zwei Seiten einer Medaille und nicht alles hier ist trockene und trostlose Wüste. Es ist vielmehr so, dass überall dort, wo eure Welt Energie bezieht, unsere Welt verdorrt. Und überall wo unsere Welt Energie beansprucht, ist es eure Welt, die eingeht. Dort wo bei uns große Städte sind, erstreckt sich bei euch also kahle Wüsten und umgekehrt. Es ist ein ewiger Kampf um die gemeinsamen Ressourcen zweier Welten. Den WIR im Begriff sind zu verlieren", sprach Dabaara, und schaute Zieg dabei ernst an "Und das was ihr als Engel, Dämonen, Kobolde, Elfen, Drachen oder sonst was bezeichnet, sind einfach nur die Lebensformen unserer Seite. Es sind jedoch lediglich bloße Einblicke in unsere Welt, wie sie durch Träume oder auf welche Art und Weise auch immer, in Form von Bildern und Gedanken in eure Welt getragen wurden." Dabaara hielt kurz inne. "Möchtest du was über euren Gott erfahren?" stellte er bedächtig seine Frage. Zieg zögerte. Rang mit seinen Gedanken. Was wollte der Alte ihm da erzählen? Warum sollte er zuhören? Wie weit konnte er einem Dämon überhaupt glauben schenken? Allen zweifeln zum Trotz nickte Zieg. Er war schließlich hier, um zu hören. Mit einem zufriedenen Lächeln fuhr Dabaara fort "Der, den ihr Gott nennt, ich werde einfach mal bei der Bezeichnung bleiben, ist einer von uns." Zieg ließ die Worte auf sich wirken. Er hatte sich noch nie sonderlich viele Gedanken zu Gott gemacht, auch wenn das bei seiner Berufung eigentlich naheliegend gewesen wäre. Etwas erstaunt darüber, dass keinerlei Einspruch geäußert wurde, redete Dabaara schließlich weiter "Er war derjenige, der die Zwischenwelt erschuf und der erste, der durch diese, Einfluss auf die Wesen eurer Welt nahm. Damals war eure Art noch jung und wild. Und er mochte euch. Beobachtete euch. Und irgendwann begann er, euch zuzuflüstern. Euch zu leiten. Aus eurem Hören und Fühlen heraus wurde eine Art von Glaube. Glauben, dass da mehr ist. Glauben an einen Allmächtigen, der euch leitet. Gott genoss es zu sehen, wie ihr euch entwickelt. Wie ihr lebt und liebt. Und auch wie ihr ihn verehrt habt. Doch irgendwann verblasste der Glaube und mit zunehmender Zeit, hörten die Menschen mehr und mehr auf zuzuhören. Das stürzte Gott in tiefe Trauer. Sein Geliebter, der den ihr Luzifer oder Teufel nennt, konnte diesen Anblick nicht ertragen. Er wusste, er würde alles für seinen Angebeteten tun. So stahl er sich fortan Nacht für Nacht aus dem gemeinsamen Bett und ging in die Zwischenwelt. Er sähte die Todsünden in die Herzen der Menschen und sorgte für unendliches Kummer und Leid. Alles nur, um die Menschen wieder in Gottes Arme zu treiben und ihm sein Lächeln wiederzugeben, welches Luzifer so sehr vermisste. Er versuchte dabei geheim zu bleiben, um Gott nicht zu erzürnen, da er seine geliebten Menschen so sehr quälte, nur um ihn wieder glücklich zu sehen. Doch einige Menschen hatten Luzifers Namen erkannt und verrieten ihn. Gott war außer sich über die Gräultaten Luzifers. Er beschimpfte seinen Gefährten und verließ ihn. Luzifer zog es den Boden unter den Füßen weg. Nach unzähligen gescheiterten Versuchen sich wieder mit seinem Geliebten zu versöhnen, nahm sich Luzifer in seiner endlosen Trauer das Leben. Gott, der nur noch Augen für seine Menschen gehabt hatte, erkannte zu spät, wie sehr Luzifer gelitten haben musste und etwas starb auch in ihm. Er hasste sich selbst, für seine Blindheit und Sturrheit. Und hasste Luzifer, seine einzig wahre Liebe, für dessen Suizid. Er ging nie wieder zu den Menschen, auch wenn diese sogar noch heute zu ihm beten. Und inzwischen ist er längst Tod. Gestorben, nach einem langen Leben in Trauer und Einsamkeit. Doch ihre Geschichte sprach sich herum. Und mehr und mehr von uns gingen in die Zwischenwelt, sahen die Menschen und begannen ihnen zu helfen. Sie zu führen, wenn sie Führung benötigten. Aber bei uns ist es genau so wie bei euch. Es gibt gute Leute und es gibt schlechte Leute. Und während die guten euch weiterbrachten, flüsterten die schlechten euch Zweifel und Hass."
Nach dieser langen Erzählung harkte Zieg nun endlich ein "Warum erzählst du mir das alles? Was interessiert mich diese Geschichte?" Dabaara schnaufte "Du übersiehst die Kernaussage. Nicht jeder Dämon, den du siehst und tötest, ist ein Böser. Viele haben gute Absichten. Versuchen zu helfen. Und kehren danach wieder zu ihren Familien hier her zurück. Bis auf die natürlich, die von dir und deinesgleichen umgebracht werden." Aufgebracht versuchte sich Dabaara wieder zu beruhigen. Als hätte er eine fatale Erkenntnis, veränderte sich plötzlich sein Gesichtsausdruck und fragte Zieg, "Sag mir. Wie findest du eigentlich deine Ziele? Ist es ein ungutes Gefühl? Ein Kribbeln im ganzen Körper?" Zieg schluckte bei dem Gedanken ertappt worden zu sein, während Dabaara einfach weiter sprach "Oder siehst du jemanden in deinen Träumen?" Zieg spürte, wie die Hitze in ihm aufstieg und er erötete. "Eine Frau also? Eine von uns?" Dabaara kratzte sich wieder nachdenklich am Kinn während Ziegs Augen und Ohren sich weiteten "Ich habe da eine böse Vorahnung." fuhr Dabaara fort. "Ich kenne viele Gesichter. Erzähle mir was über sie und im Austausch verspreche ich dir das, sollte ich sie kennen,  ich dir alles über sie sagen werde, was ich weiß."



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