Freitag, 2. Juli 2021

Epilog



-Joshua-

"Guten Appetit", sprach Joshua freudig, als er der Katze einen Napf voll Nassfutter hinstellte, die sich gierig draufstürzte und zu fressen begann. Im Anschluss ging er ins Wohnzimmer und setzte sich hin. Auf dem Tisch lagen viele handgeschriebenen Schmierzettel verstreut und Josh fischte sich einen davon heraus und blätterte in einem dicken Buch herum, welches neben ihm auf der Couch lag. Dann übertrug die Informationen des Zettels an passender Stelle in dem Buch und nahm sich den nächsten Zettel vor. Joshua war nach den Ereignissen und Zieg's verschwinden vor sechs Monaten in dessen Wohnung eingezogen. Unterstützt und finanziert von dem Orden, der ihn nach all den Geschehnissen aufgenommen hatte und dem auch Erin angehörte. Dreimal die Woche kamen Privatlehrer des Ordens vorbei und füllten bei der Gelegenheit auch gleich den Kühlschrank des Jungen auf und erkundigten sich nach ihm. Montags gab es ganz normalen Unterricht für die Allgemeinbildung. Mittwochs dann Unterricht in Okkulten und Ordens bezogenen Themengebieten. Und jeden Freitag, Fitness und Kampf Training. Die Zeiten dazwischen hatte er zur freien Verfügung, verwendete sie aber um Zieg's alte Unterlagen zu sortieren, seine Pfade und Wege zu kartografieren und zurückzuverfolgen. Zieg hatte durchaus ein interessantes Leben geführt und es hatte ihn im Laufe dessen an verborgene Orte und an geheimes Wissen gebracht. Durch Joshua's Forschungen und seiner besonderen Gabe, wurde er vom ganzen Orden sehr geschätzt. Und in diesem Orden fühlte er sich erstmals seit Jahren erwünscht und angekommen.


-Erin-

Nachdem Erin und Joshua aus dem Krankenhaus entkommen waren, rief Erin den Orden an und bat um Unterstützung. Als diese jedoch eingetroffen waren, fanden sie in der Zwischenwelt nur noch die Spuren des Kampfes. Von Zieg fehlte jede Spur. Als sie schließlich wieder zurück beim Orden war, setzte sie sich für Joshua ein und schrieb einen ausführlichen Bericht über die Ereignisse. Josh bat schnell darum, Zieg's Wohnung übernehmen zu dürfen und überredete den Rat dadurch, Zieg's Leben als Forschungsprojekt analysieren zu wollen. Der Junge hatte ihn, in der kurzen Zeit die er ihn kannte, scheinbar schon ins Herz geschlossen. Erin musste schmunzeln, als sie an Joshua's Überredungskünste dachte, wurde dabei aber von einer lieb gewonnen Stimme unterbrochen. "Er ist schon ein interessanter Junge. Nicht war, Miss?", sprach Devon in seiner zurückgewonnenen Höflichkeit. Und Erin war dankbar dafür. Seine ruhige und höfliche Art, wirkte sich auch auf ihre eigene aus, seit ihre Geister miteinander verschmolzen waren. Sie hatten sich bei dem Kampf damals so sehr ineinander festgehalten, dass sie unzertrennlich miteinander verbunden wurden. Zwei Geister in einem Körper. Einer an die echte Welt gebunden und einer an die Zwischenwelt, und trotzdem vereint.


-Devon-

Devon fühlte sich merkwürdig leicht, als er nach dem großen Kampf wieder zu sich gekommen war. Er brauchte ein wenig um zu realisieren, dass er in Bewegung war. Und auch als er sich umsah, musste er stutzen. Er war noch immer in der Zwischenwelt. Und war allein. Sein Körper fühlte sich jedoch sehr ungewohnt an und schien sich von allein zu bewegen. "Ausgeschlafen?", vernahm er wie aus dem Nichts, Erin's erleichterte Stimme. Nein. Sie kam nicht aus dem Nichts. Sie war in seinem Kopf. Für viele wäre die Nachricht, für immer an jemand anderen gebunden zu sein, nicht so leicht zu akzeptieren gewesen. Doch Devon war eher erleichtert, als Erin ihm alles erzählt hatte. Er hatte schon oft sein Leben für sie riskiert, aber als er sich in der Zwischenwelt an Mallessa heftete, hatte er sich bereits damit endgültig abgefunden dort zu sterben. Diese neue Fügung nun, gab ihm die Chance noch weiter für sie da zu sein und auf sie aufzupassen. Und das war schon seit damals alles, was er wollte.


-Zieg-

"Auf Drei! Eins, zwei, drrrrrrei", rief Zieg und stemmte sich mit den anderen gegen die massive Kutsche, die sich im Schlamm festgefahren hatte, während weitere Helfer vorne mit jenen eingespannten Kreaturen zogen, die ursprünglich für die Fortbewegung des Wagens verantwortlich gewesen waren. Erschöpft schaute er zu Boden und musste beim Anblick der schlammigen Erde an seine Ankunft in der Hölle vor sechs Monaten denken. Wäre er hier gelandet, hätte er es vielleicht nicht überlebt.


Glücklicherweise hatte sich damals herausgestellt, dass die körperlichen Belastungen der Zwischenwelt sich nicht in der Hölle auswirkten, weswegen so viele Dämonen ihre Zeit, ohne negative Folgen, in der Zwischenwelt verbringen konnten. Jedoch hatte er damals eines nicht bedacht. Bei seiner ersten Reise in die Welt der Dämonen, war er aus erhöhter Position in den Sand gefallen. Bei seiner zweiten wusste er dann auch warum. Die Hölle war ja ein Gegenpol zur Menschenwelt und bei seinem ersten Sprung, befand er sich im ersten Stock eines Krankenhauses, weswegen er fiel. Jedoch war Ausgangspunkt der zweiten Reise, dessen Keller gewesen, so das Zieg sich inmitten des sandigen Erdreiches befunden hatte, als er den Schlüsselgegenstand verwendete. Völlig kraftlos und ohne Sauerstoff oder Orientierung, war es einzig und allein seiner neuen Waffe zu verdanken gewesen, dass er nicht dort sein Grab gefunden hatte. Die neue Klinge materialisierte sich in seiner Hand und sofort waren wieder Ranken aus der Waffe hervorgeschossen, die sich ihren Weg an die Oberfläche bahnten und Zieg anschließend hochzogen. Ein paar Reisende fanden Zieg bewusstlos im Sand liegen und brachten ihn zu Dabaara. Im Zelt des alten Dämonen wurde Zieg von Aphelion versorgt und gesund gepflegt und er erzählte ihr und Dabaara im Gegenzug, was geschehen war. "Sieht so aus als wäre unsere Welt jetzt auch deine", hatte der Alte ihm leicht höhnisch klargemacht und dann schadenfreudig angefangen zu lachen. Zieg erinnerte sich irgendwie sogar gern daran zurück. Inzwischen war viel geschehen. Er hatte sich entschlossen diese ihm so fremde Welt zu erkunden und zu bereisen. Auf seinem Weg nahm er alle möglichen Gelegenheitsjobs an, um sich Proviant und eine Unterkunft zu verdienen und half jedem, der in Nöten war, wo er nur konnte. Dabei lernte er viel von der Welt und über dessen Bewohner. Auch über das, was Mallessa in ihrer Vergangenheit passiert war und was ihren Geist so sehr mit Hass gefüllt hatte. Es hatte ihn unendlich traurig gemacht und er musste noch oft daran denken, aber das war eine ganz andere Geschichte.


Wenn es Mal zum Kampf kam, weil er half irgendwelche kriminellen zu jagen, materialisierte sich stets seine neue Waffe, die sich dann immer mit seinem Arm verband. Diese Klinge, die Zieg in seiner höchsten Not von Dabaara geschickt wurde, war überaus interessant. Sie hörte auf den Namen Makel und war einst ein Dämon gewesen. Ein Baum oder Pflanzengeist, um genau zu sein. Er konnte seinen Wald, in dem er aufgewachsen war nicht vor der Abholzung retten und schwor sich stärker zu werden, um seinen Dienst an der Natur verbessern zu können. Hierbei nutzte er einen außergewöhnlichen Weg. Er nahm die Überreste der gegnerischen Waffen nach jedem Kampf in sich auf und wurde dadurch immer stärker. Besonders dann, wenn es sich um magische Waffen oder Artefakte handelte, deren Magie er ebenso absorbierte und für sich nutzbar machte. Das hatte Zieg auch schon mit eigenen Augen gesehen, als Makel die Scherben seines zerbrochenen Seelenschwertes Rebellion in sich aufnahm und dadurch die Gabe bekam, sich in Zieg's Händen zu materialisieren oder wieder zu verschwinden. Nur mit dem Unterschied, dass Makel einen eigenen Willen besaß und dies alles selbst entscheiden konnte. Als Makel und Zieg sich das erste Mal verbunden hatten, konnten sie die Erinnerungen und Gedanken des anderen spüren, was wohl mit ein Grund dafür gewesen war, dass Makel sich später entschieden hatte, bei Zieg zu bleiben.


Die Kutsche, die er anschob, bewegte sich endlich und riss Zieg aus seinen Gedanken. Nicht zuletzt, weil er dabei mit dem Gesicht voran in den matschigen Untergrund fiel. Ein freudiges und zugleich erleichtertes Gelächter setzte ein, bei dem Zieg sofort mit einstimmte, nachdem er sich grob den Schlamm aus dem Gesicht gewischt hatte.

Nachdem er sich kurze Zeit später an einem Bach gesäubert hatte, machte er sich wieder fertig, für die Weiterreise. Zieg freute sich schon, denn sein Zielort war nicht mehr weit. In der nächsten Stadt würde er die Zwischenwelt betreten, um sich dort mit Devon zu treffen. Seit der Sache vor einem halben Jahr trafen sie sich regelmäßig und sie hatten durch ihr neuegewonnenes gegenseitiges Vertrauen nicht nur ihre Streitigkeiten abgelegt, sondern waren inzwischen sogar sowas wie Freunde geworden. Immer wenn sie sich trafen, tauschten sie zunächst Gerüchte und Neuigkeiten der jeweils anderen Welt aus und unterhielten sich danach noch meist stundenlang über alles Mögliche, was nur von ihrem häufigen Gelächter unterbrochen wurde. Erin, die zwar alles durch Devon mit anhören konnte, und sich Notizen zu wichtigen Informationen aus der Unterwelt machte, hielt sich meistens zurück und ließ den beiden ihre Zeit. Man sah es ihr jedoch immer an ihrem Grinsen an, wenn Zieg und Devon wieder Unsinn redeten. Zuvor hatte man Erin selten so glücklich und zufrieden gesehen.


Zieg sah in der Ferne schon seinen Zielort, machte jedoch vorher noch an einem wunderschönen Hügel Rast, der über und über mit roten Mohnblumen bewachsen war. Auf dem höchsten Punkt des Hügels hatte er vor ein paar Monaten ein kleines Kreuz für seine kleine Schwester aufgestellt. Sie hätte diesen Ort geliebt und Zieg selbst, hatte endlich seinen Frieden damit gemacht. Nach seiner Pause ging er zielstrebig weiter und wurde in der Stadt wärmstens von den ansässigen dämonischen Bewohnern empfangen und begrüßt. Zieg hatte durch sein aufwachsen in der Menschenwelt, die Wanderungen in die Zwischenwelt und seine hilfsbereiten Reisen quer durch die Hölle, schon jetzt über alle Grenzen hinaus Bekanntheit erreicht. Überall waren Geschichten von ihm zu hören und jeder kannte ihn und seinen Namen:


Zieg, der wahre Zwischenweltwanderer














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